
Baugeschichte Pfarrkirche St. Anton I
Die Grundsteinlegung fand am 16. Mai 1909 bei herrlichstem Wetter statt. Eine unübersehbare Schar von Festteilnehmern fand sich ein. Das Programm war folgendes: Samstag, 15. Mai, abends 8 Uhr: Kreuzsetzungsfeier an der Stelle des künftigen Hochaltars mit Musik, Gesang, Beleuchtung und Feuerwerk. Die Musik stellte eine Abteilung der Regimentskapelle, Herr Hauptlehrer (jetzt Oberlehrer) Schneider leitete den Gesangschor, die Beleuchtung des Festplatzes mit großem Feuerwerk wurde von Herrn Buchhalter Engert durchgeführt.
Die Firma Pauli montierte das 6 m hohe und 4 m breite Kreuz mit 150 elektr. Glühlichtern. Die sämtlichen Gebäude von Spitzberg und Windschnur hatten Flaggenschmuck angelegt und prangten in festlicher Beleuchtung.
Am Sonntag, den 16. Mai selbst bewegte sich der Festzug vom Bauplatz aufwärts zur Hochstraße nach dem Spitzberg herunter zum Sankt Josephsheim. Hier schloß sich die Geistlichkeit mit Vertretern des Domkapitels an. Von da aus wurde der mit Tannengrün geschmückte Grundstein mitgetragen. An dem Zuge beteiligten sich außer den Kindern die Vereine der Stadt, darunter 15 mit Fahnen.
An der Ehrenpforte beim Bauplatz – dort war eine Halle errichtet worden – wurde der Hochwürdigste Herr Bischof Sigismund Felix erwartet und nach Begrüßung durch 2 Kinder in die Halle geleitet.
Es erfolgte sofort die Weihe des Grundsteins.
Der Vorsitzende des Kirchenbauvereins verlas dann die Urkunde, welche mit dem Grundstein in die Erde eingemauert wurde. Der Stein – er findet sich in der Presbyteriumsmauer auf der Evangelienseite hinter dem Hochaltar – wurde sodann eingesenkt und unter Böllerschüssen erfolgte die Zeremonie des Hammerschlages. In den Grundstein eingelegt sind einige Geldmünzen, eine kurze Baugeschichte und die Pergamenturkunde über die Grundsteinlegung selbst.
Diese Urkunde wurde unterzeichnet vom Hochw. Herrn Bischof, Bürgermeister Hofrat Muggenthaler, Gemeindekollegiumsvorstand Egger, Domdekan und Prälat Alteneder, Stadtpfarrer Stadler, Stadtpfarrkooperator Maidl und Architekt Schott. In dieser Reihenfolge wurden dann auch, nachdem der Bischof eine Marmorplatte mit dem Kreuz aus dem Grundstein festgemacht hatte, vom Bischof und den übrigen genannten Herren die Hammerschläge vollzogen.
Nach der Benediktion des ganzen Umkreises der Fundamente durch den Domdekan und Generalvikar Alteneder hielt Bischof eine Ansprache. Er verlieh seiner Freude darüber Ausdruck, daß das schöne Werk nach vieler Arbeit nun endlich soweit gediehen sei. Er hege die Hoffnung, daß die neue Kirche nach ihrer Vollendung eine Stätte werde, aus der stets echt katholischer Glaube, kindliche Gottesfurcht und brüderliche Liebe entspringe.
Bei der folgenden Pontifikalmesse besorgten die Alumnen des Klerikalseminars und eine Abteilung der Regimentskapelle den gesanglichen und musikalischen Teil. Nach der Pontifikalmesse und dem Bischöflichen Segen erklang ein dankerfülltes »Großer Gott« zum Himmel, der das Werk bisher mit seinem Segen begleitet hatte. Die weltliche Feier zum Abschluß des Festes fand nachm. 4 Uhr im Schmeroldkeller statt. Die weiten Räume erwiesen sich als viel zu klein. Es konzertierten 24 Mann der Regimentskapelle; außerdem wurde das sinnreiche Kinderspiel: »Bilder zum Kirchenbau« (4 Szenen verfaßt und geleitet von Mater Isabella Peutinger, jetzige Oberlehrerin im Kloster Freudenhain) aufgeführt. Das herzige Spiel machte großen Eindruck auf die Festteilnehmer und förderte die Sache des Kirchenbauvereins sehr.
Die Urkunde im Grundstein hat folgenden Wortlaut:
Im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit. Gelobt sei Jesus Christus! In Ewigkeit. Amen! Im Jahre des Heiles unseres Herrn Jesu Christi 1903 am 10.Juni wurde auf Anregung Seiner Bischöflichen Gnaden des Hochwürdigsten Herrn Antonius von Henleunter Beteiligung mehrerer Mitglieder des Hochwürdigsten Domkapitels,darunter Seine Gnaden der Hochwürdigste Herr Domdekan und Prälat Max JosephAlteneder sowie 42 Männer, in den Räumen des Peschlkellers durch den Stadtpfarr-kooperator von St. Paul, Franz Paul Maidl, der Kirchenbauverein St. Antonius gegründet. Zweck des Vereins sollte sein die Erbauung einerKirche und die Errichtung einer Seelsorgsstelle im Gebiete der ehemaligenKlosterpfarrei St. Nikola.
Der heilige Bischof Altmann hatte im Jahre 1067 Kirche und Kloster zu Ehren der hl. Andreas, Pantaleon und Nikolaus erbaut, bevölkerte es mit Augustiner Chorherren und gab dem Kloster pfarrliche Rechte über den ganzen Bezirk außerhalb der Mauern der Stadt Passau vom Inn bis zur Donau.
Nachdem 1804 das Kloster ausgehoben und die Kirche 1809 in ein Magazin verwandelt wurde, kam im gleichen Jahre St. Nikola zur Pfarrei St. Paul.
Dadurch hatte die Pfarrei Sankt Paul eine weite Ausdehnung erhalten. Im Jahre 1908 betrug die Seelenzahl derselben mit Einschluß der ehemaligen Pfarrei St. Nikola bereits 10 450.
Die Notwendigkeit der Gründung einer neuen Seelsorgsstelle und die Erbauung einer Kirche an den westlichen Ausläufen des Spitzberges in größerer Nähe der neuangesiedelten, zahlreichen Bahnbevölkerung war gegeben.
Der Kirchenbau fand denn auch nach den Plänen des Herrn Architekten Johannes Schott in München am 29. September 1907 die Allerhöchste und am 29. Juli 1908 die baupolizeiliche Genehmigung.
So konnte am 18. Sept. 1908, am Tage des 50jährigen Priesterjubiläums Seiner Heiligkeit des Papstes Pius X, der erste Spatenstich durch Aufwerfen von zwei Schürfgruben gemacht und am 10. November 1908 mit den Erdarbeiten begonnen werden, demnach im Jahre des Herrn 1909 / genau 100 Jahre nach Aufhebung der Pfarrei St. Nikola / im 1172. Jahre nach Aufrichtung des Bischöflichen Stuhles zu Passau, im 104. Jahre nach der Erhebung Bayerns zum Königreiche, im 39. Jahre nach der Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches, unter dem Papste Pius X. im 6. Jahre seines Pontifikates / und unter der Regierung des Königs Otto I. von Bayern / als in dessen Vertretung Prinz Luitpold die Verwesung des Landes führte / im 21. Jahre der Regierung des deutschen Kaisers Wilhelm II., als in der Stadt Passau Bürgermeister war der Kgl. Hofrat Herr Josef Muggenthaler und in der Pfarrei St. Paul Stadtpfarrer Herr Johann Baptist Stadler, hat unter Assistenz des hohen Domkapitels / der städtischen Behörden sowie zahlreicher Priester der Stadt Passau und der Alumnen des Bischöflichen Klerikalseminars diesen Grundstein geweiht, eingesetzt und gesegnet Seine Bischöfliche Gnaden der hochwürdigste Herr Sigismund Felix, Freiherr von Ow-Felldorf durch Gottes Erbarmung und des Apostolischen Stuhles Gnade Bischof von Passau / S. S. Theologiae Doktor / Hausprälat und Thronassistent Seiner Päpstlichen Heiligkeit / Comes Romanus / Kgl. Bayer. Kämmerer, im Jahre seines silbernen Priesterjubiläums.
Diese Urkunde / mit den Namensunterschriften der angesehensten Teilnehmer und mit dem Bischöflichen Siegel versehen / ist während des Aktes der Weihe und Einsetzung dieses Grundsteines in diese Grundmauern sorgfältig verschlossen worden.
Und so dauere, stehe und prange durch die kommenden Jahrhunderte diese Kirche zur Ehre Gottes und des hl. Antonius, des Wundermannes, zum Heile des gläubigen Volkes, zum Segen unsterblicher Seelen!
Amen! Amen!
Passau, am 16. Mai 1909.
Auf diesen Festtag folgten wieder Tage der Arbeit:
Die Beton- und Erdarbeiten bei der Sakristei wurden fortgesetzt vom 17. bis 24. Mai 1909. Vom 25. bis 31. Mai wurden die Betonmauern beim Turm fertiggestellt.
Es wurden nunmehr die Maurer- und Ziegelbauarbeiten submittiert. Unter den acht eingelaufenen Angeboten wurde dem Baugeschäft Capellaro-Passau der Zuschlag erteilt um den Betrag von 59 869,10 Mark. Am Pfingstdienstag, 1. Juni, nachmittags 1 Uhr, fing Capellaro zu rüsten an.
Nachmittags 4.30 Uhr kam der erste Ziegeltransport mit 400 Stück Ziegel bei einer Fahrzeit von 10 Minuten mittels elektrischer Rollbahn von der Ziegelfabrik Dafinger-Sailerwöhr, herauf über den Berg, zur Baustelle am westl. Hauptportal. Von dort führte ein Geleise ins Innere der Kirche.
Die Lieferung der Ziegel (Backsteine) übernahm der K.-B.-V. selbst durch einen mit der Fa. Dafinger abgeschlossenen Vertrag. Durch das Entgegenkommen Dafingers konnte bei den Transportkosten eine erkleckliche Summe eingespart werden.
Ziegellieferungsvertrag mit Firma Dafinger:
1. Bayer. Ziegelmaß 29 cm lang, 14 cm breit, 7 cm dick;
2. Preis per Tausend 24.50 Mk.;
3. Lieferungsquantum 700 000;
4. Täglich sind 8000 Steine zu liefern; 5. Die Transportkosten für die elektrische Rollbahn betragen pro Tausend 3.– Mk.
Am 2. Juni, nachm. 4 Uhr, wurde an dem linken Gewände des westlichen Hauptportals der erste Ziegel angelegt.
Es waren bis zu 16 Maurer und 22 Taglöhner beschäftigt.
Bei der Submission der Zimmermannsarbeiten erhielt das Baugeschäft Kieffer-Passau unter den zehn eingelaufenen Angeboten den Zuschlag um den Betrag von 11 080,50 Mk.
Am 30. August fing Baumeister Kieffer an, für den Dachstuhl Holz anzufahren. Am 1. September vormittags 9.30 Uhr wurden die ersten Balken bei strömendem Regen aufgezogen.
Am Samstag, den 18. September ist ohne jeglichen Unfall die Sparrenlage am Dachstuhl fertig gestellt.
Am Nachmittag des 18. September 1909 grüßte der geschmückte Dachstuhl die Teilnehmer am Richtfest und an der Hebebaumfeier.
Zimmerpolier Hofbauer spricht den Hebebaumspruch:
»Wenn Er nicht baut, der Herr des Lebens, Dann ist alle Müh und Arbeit vergebens.
Drum gib, o Gott, du deinen Segen, Zum Werke heut und allerwegen!«
Abends fand im Kirnthalerischen Gasthaus (jetzt Neuburgerstraße 1a) die Hebebaumfeier statt: An dem Firstbiere beteiligten sich 28 Arbeiter (Maurer, Zimmerleute und Taglöhner) nebst den beiden Polieren Icha und Hofbauer und dem Bauführer Ertl. Jeder bekam: vier Liter Bier (die jeder gut vertragen konnte), Schweinsbraten mit Gemüse, drei Brot und drei Zigarren.
Außerdem hatte sich der Kirchenbauvereinsausschuß vollzählig eingefunden, nämlich die Herren: Heindl Theodor, Dinglreiter Joh., Eichberger Max, Merzbach Hubert, Graswald Matthias, sowie der Chronist und Professor Matth. Graswald. Der Abend verlief in froher, gemütlicher Weise Dachdeckermeister Hermann Haubrich, Passau, Bahnhofstraße, bekam durch Vertrag vom 15. August 1909 die Ausführung der Dachdeckerarbeiten um die Summe von 3165 Mk.
Den Transport übernahmen in dankenswerter Weise kostenlos die Fuhrwerksbesitzer der Gemeinde Haidenhof.
Am 30. September begannen die Eindeckungsarbeiten, am 27. Oktober war man damit fertig. – Gleichzeitig wurden die Maurerarbeiten am Turm und an den Giebeln westlich und nördlich fortgesetzt.
Spenglermeister Xaver Hagn in Passau-Innstadt, Lederergasse, bekam den Zuschlag um den Betrag von 10 254 Mk. Er begann seine Arbeit am 7. Oktober. Im Juli 1917 (Weltkrieg) drohte der kupfernen Turmkuppel Gefahr durch Enteignung und Ablieferung des Kupfers für Kriegszwecke. Gott sei Dank, kam die Abnahme nicht mehr zur Durchführung.
Baumeister Kieffer fing am 18. Oktober mit 6 – 8 Mann am Turmdachstuhl zu arbeiten an.
Gerade zur rechten Zeit noch wurden 8 Zimmerleute mit dem Verschalen der Turmkuppel fertig, denn am 11. November fing es stark zu regnen und zu schneien an; am 12. November ging ein arges Unwetter über die Windschnur nieder, nachmittags riß der Sturm vom Windbrunnen neben der Kirche das Schwungrad herunter.
Das Kirchendach mußte die erste Windprobe durchmachen, die es aber nicht gut bestanden hat. Nach diesen stürmischen Novembertagen 1909 richtete sich der Spengler Hagn das Gerüst am Turm zurecht und fing mit seinem Sohn am 16. November an, die Turmkuppel mit Kupfer einzudecken.
In den nächsten Tagen wurden noch kleine Bauarbeiten vollzogen, so: Aufstellen des Sakristei-dachstuhles, Einmauern des Sakristeigiebels bei 8 Grad Kälte, Aufschlagen der Oratoriums-dachstühle. – Trotz Schnee und Wind wurde tapfer weitergearbeitet. Der an sich milde Winter 1909-10 ließ es zu, daß vom 1. Dezember 1909 bis 1. Februar 1910 der Turm eingeschalt und eingedeckt werden konnte.
Nun gings an das Innere des Baues. Viel Arbeit und größte Umsicht erforderte die Herstellung des Kirchengewölbes »Rabitzgewölbe«. Bei Herstellung des Gewölbes wurde die sogen. Monir’sche Bauweise angewendet, die durch Einlegen von Drahtgeflechten und Eisenstäben sehr tragfähige und weitspannende, leichte Betonbauten ermöglicht. Das Eisen hat die in der Konstruktion auftretenden Zug- und Schubspannungen aufzunehmen. Diese Bauweise zeichnet sich durch Feuersicherheit, geringen Raumbedarf, rasche und verhältnismäßig billige Ausführung aus. Sie bildet die Grundlage aller modernen Eisenbetonkonstruktionen, speziell für Gewölbe, nach dem Erfinder Rabitz. Das Rabitzgewölbe ist konstruktiv so angelegt, wie die Lehrbögen bei einem gemauerten Gewölbe, weil dadurch die Form des Gewölbes bestimmt wird und durch dieses feste Eisengerippe beim Ausgleich der Spannungen Deformationen, ungleiche Schubwirkung u. dgl. verhindert werden. Dadurch ist das Gewölbe auch imstande sich selbst zu tragen, abgesehen davon, daß es mit Eisenstäben am Dachstuhl verknüpft ist. Das Rabitzgewölbe unserer Kirche ist 7 cm stark, mit Konstruktionsgerippe von 8 – 34 mm Rundeisen, verzinktem Drahtgewebe, unterem Feinverputz und oberem Ausgießen gefertigt. Alles Eisen und Drahtgewebe ist in 1a Mörtel eingebettet. Die Gurtbögen, Richtkappen, Diagonale und dergl. Traglinien sind mit 26 – 34 mm Rundeisen ausgebildet, sodaß, wie beim gemauerten Gewölbe, die zwischenliegenden Kappen von diesen Konstruktionsgliedern aufgenommen und getragen werden. Das Gewölbe ist mit 170 kg Gewicht pro qm bei der statischen Berechnung des Dachstuhles angesetzt. Architekt Schott hat in der Marktkirche zu Obernzell 1887 zum erstenmal das Rabitzgewölbe angewendet.
Von den drei eingelaufenen Angeboten bekam Josef Wagner, Stukkateurgeschäft – damals Passau-Altstadt – den Zuschlag für die Herstellung des Gewölbes.
Für die Stukkierung des Gewölbes und die Bildhauerarbeiten. Zuschlag für die Stukkarbeiten erhält Wagner Josef um den Betrag von 4455 Mk., für die Bildhauerarbeiten Viktor Hauber, Passau-Innstadt um 3765 Mk.
Am 29. April beginnen die beiden Müller mit der Stukkarbeit.
Die ornamentalen Stuckverzierungen, Engelsköpfe usw. sind im Gewölbe frei angetragen und in flotter, künstlerisch und stilistisch korrekter Form gehalten nach den Zeichnungen des bauleitenden Architekten Schott im Übergangsstil (Ende des 18. Jahrhunderts).
In die Schlosserarbeiten teilten sich die Passauer Firmen Kaspar und Heinrich Kriegner und Ludwig Apfelbeck. – Kriegner besorgte die eisernen Fensterrahmen usw. und fertigte das Turmkreuz an. Der Betrag für seine Arbeiten betrug 1287 Mk. Apfelbeck hatte die Türen und Fensterbeschläge, Oberlichtgitter, sowie Kommuniongitter übernommen um den Betrag von 948 Mk. Die Vergoldung des Turmkreuzes mit Knopf und des Giebelaufsatzes über dem Westportal wurde unter den vier eingereichten Angeboten dem Malermeister Josef Heider, Passau-Steinweg um den Gesamtpreis von 175 Mk. übertragen.
Am Freitag, 27. Mai 1910, nachmittags 4.30 Uhr, wurde das drei Zentner schwere Kreuz im Kirchenraum unter Teilnahme des Kirchenbauvereinsausschusses von Hochw. H. Professor Jakob Fürst geweiht und, nachdem kurz zuvor ein schweres Gewitter mit wolkenbruchartigem Regen niedergegangen war, um 51/4 Uhr auf den 52 m hohen Turm aufgezogen, sodann von Spenglermeister Hagn, seinem Sohn und einem Schlossergehilfen bei Kriegner oben eingesetzt. Die nicht ungefährliche Arbeit, welche viele Zuschauer herbeilockte, glückte in einer knappen halben Stunde. Am Turme wurden die 4 freistehenden, vergoldeten Zifferblätter befestigt, die von der Regensburger Turmuhrenfabrik Eduard Strobl um den Preis von 900 Mk. geliefert worden waren.
Die Tischlerarbeiten für das Hauptportal aus Eichenholz, äußere und innere Turmtüre, Sakristeitüren (drei Stück) lieferte Michael Haas, Passau-Grünau.
Die Schnitzereien an den Türen sind von Bildhauer Linner, Passau-Altstadt; Schreinermeister Franz Mikossi, Passau-Spitalhof fertigte die zwei eichenen Seitenportaltüren, Fensterstöcke, Deckbretter auf den Brüstungen und die Kommunionbank.
Die Ausgaben für die Tischlerarbeiten betrugen 1020 und 1509 = 2529 Mk.
Die Glaserarbeiten: Beglasen der Kirchenfenster in Eisenrahmen mit 6/4 rheinischem Tafelglas mit Verbleiungen, der Sakristei- und Oratoriumsfenster in Holzrahmen mit 4/4 rheinischem Tafelglas ohne Verbleiungen, wurde unter drei Angeboten der Firma Franz Xaver Kurländer-Passau, um den Preis von 740 Mk. übergeben.
Vom Juli 1910 ab wird bereits die innere Vollendung des Baues angestrebt. Man beginnt damit, die Pfeiler für die Empore zu mauern.
Die elektrische Lichtanlage wurde von der Firma Anton Pauli, Passau-Steinweg um den Betrag von 920 Mk. eingerichtet. Pauli fing am 16. August mit der Legung der Kabel an.
Der Anschluß ans städtische Elektrizitätswerk erfolgte am 6. Sept.
Am 16. Sept. wird mit der Betonunterlage für das Kirchenpflaster, etliche Tage darauf mit dem Einsetzen der 16 Kunststeinsäulen begonnen. Baumeister Capellaro braucht einen Tag bis eine Säule mit dem Kapitäl steht. Am 6. Oktober beginnen 2 Italiener mit der Pflasterung (Kieffersfeldener Marmormosaikplatten).
Ffür die Lieferung der Kirchenstühle hatte Schreinermeister Elender von Hals den Zuschlag um den Preis von 4103 Mk., pro lfd. Meter 20,5 Mk. erhalten.
Steinmetzmeister Josef Kagleder, Passau-Innstadt, setzte die drei Weihwasserbecken von hellrotem Untersberger Marmor ein, Preis: zusammen 124 Mk.
An den Kirchenportalen werden außen die Bildhauerarbeiten von Viktor Hauber und Walter Broeske fertig gemacht. – So war es Dezember 1910 geworden. Der Winter machte ein mildes Gesicht; es konnten die letzten kleinbaulichen Arbeiten zu Ende geführt werden.
Am Dienstag, den 13. Dezember 1910 bekam St. Anton in Franz Paul Maidl seinen ersten Seelsorgsgeistlichen (Expositus).
Nachmittags 4 Uhr hielt derselbe seinen Einzug in die neue Kirchengemeinde im Beisein der Schulkinder von Haidenhof, die Bewohner der Windschnur hatten ihre Häuser beflaggt. Vor der Türe seines neuen Heims (Sedanstraße 76 – heute Neuburgerstraße 76)) begrüßte ihn das Töchterlein des Gärtners Merzbach, Amalie, von Spitalhof mit einem von Frl. Rosa Ginker, Spitalhof, verfaßten Willkommgruß.
In der Kirche selbst mußte alles vorbereitet werden für die am Sonntag, den 18. Dezember stattfindende Benediktion der Kirche. Es wurden ein Not-Hochaltar und zwei Not-Seitenaltäre aufgestellt, die alte Orgel von der Votivkirche hieher überführt und ein provisorischer Predigtstuhl (Ambo) ausgestellt. –
Am 14. Dezember wurden die 4 aus der Glockengießerei Anton Gugg, Inh. Leonhard Lorenz von Passau-Windschnur stammenden Glocken von H. H. Bischof Sigismund Felix im Dome geweiht.
Im Turme wurden die Vorbereitungen für die Aufnahme der Glocken getroffen. Am Freitag, den 16. Dezember, wurden dieselben ausgezogen, um zum erstenmal am Sonntag, den 18. Dezember, bei der Einweihung der Kirche zu erklingen.
Die Glockenprobe wurde erst am Sonntag, 5. März 1911, nachmittag von 1 – 2 Uhr von H. H. Stiftsvikar Peter Griesbacher im Verein mit H. H. Domkapellmeister Geistl. Rat Bachstefel von Passau vorgenommen.
Am Sonntag, den 18. Dezember 1910, war endlich der Festtag des Neubaues, sein Krönungstag, gekommen: die feierliche Benediktion der Kirche. – Der Weiheakt wurde eingeleitet mit einem viertelstündigen Geläute der Glocken von St. Anton. – Der fromme Sinn der Gläubigen hatte Sorge getragen, daß die im Innern noch arme Kirche mit Kränzen und Girlanden unter Anleitung des Gärtners und Ausschußmitgliedes Merzbach ausgeschmückt werden konnte.
Um 9 Uhr wurde der H. H. Dompfarrer und Domkapitular Max Muggenthaler erwartet. Derselbe nahm als Bischöflicher Kommissär die Funktionen der Einweihung der Kirche vor, assistiert von Hochw. H. Religionslehrer Matthias Graswald und Pfr. Franz Paul Maidl.
Inzwischen hatten die teilnehmenden Gläubigen mit den Schulkindern von Haidenhof die Kirche vollgefüllt. – Vor dem feierlich levitierten Hochamt hielt der H. H. Dompfarrer Muggenthaler eine Ansprache. »Heute ist diesem Hause Heil widerfahren!«, so rief er den Angehörigen der Kirchengemeinde St. Anton zu: »Eine neue Gnadenstätte ist eröffnet!«
Er erinnerte kurz an die Gründung und Entwicklung des Kirchenbauvereins St. Anton seit dem Jahre 1903 und an die feierliche Grundsteinlegung im vergangenen Jahre durch den Hochwürdigsten Herrn Bischof. »Jetzt stehe der Kirchenbau vor uns als eine hohe Warte der Stadt, als eine Zierde der Landschaft, ein Zeichen des unverbrüchlichen Glaubens und der Fortdauer der katholischen Kirche. Gottes Liebe und Gnade hat sich unter uns Menschen niedergelassen, eine neue Geburtsstätte des christlichen Glaubens, die allein Bürgschaft leistet für Sitte, Treue und Ordnung unter dem Volke, habe sich aufgetan. Nicht ein hochvermögender Mann habe diese Kirche gestiftet, sondern es waren Hunderte von Händen und Herzen, die sich in opferwilliger Liebe verbunden haben zu dem schönen Werke.
Es soll bei dieser Gelegenheit vor allem desjenigen nicht vergessen werden, der der eigentliche Werkführer gewesen ist, des jetzigen ersten Seelsorgers in der neuen Gemeinde St. Anton. Möge ihm und allen Mitgliedern und Wohltätern des Kirchenbauvereins der liebe Gott all’ die Lieb’ und Treue lohnen, möge auch die Kirchengemeinde St. Anton ihrem ersten Seelsorger stets in Liebe zugetan sein. Die Hauptsache aber sei, daß jetzt auch ein anderer Bau – der Aufbau und Ausbau der Seelsorge in der neuen Gemeinde erfolge.
Der erste Gottesdienst in der neuen Kirche soll dem dreieinigen Gott aufgeopfert sein unter der besonderen Fürbitte der Gottesmutter Maria, des hl. Apostel Petrus und des hl. Antonius, welcher der Schutzherr der Gemeinde ist.
Beim Gottesdienst sei besonders gedacht aller derjenigen, welche sich mit ihren Wohltaten für dieses Gotteshaus hoch verdient gemacht haben.« Auf die ergreifende Ansprache folgte der feierliche Gottesdienst, bei welchem sangeskundige Herren unter der verständnisvollen Leitung des Herrn Alumnus Habereder (bereits verstorben) die kirchenmusikalischen Ausführungen in bester Weise besorgten. Am Schlusse erklang das erste »Großer Gott« durch die Räume des neuen Gotteshauses. – Es war eine eindrucksvolle Feier, deren Erinnerung noch heute die Teilnehmer froh bewegt.
Fotos: © Pfarrei St. Anton